Ich & Legasthenie

Hallo ihr lieben Seelen da draussen!

Heute möchte ich über etwas ganz wichtiges reden. Warum möchte ich mich auch hier dazu offen bekennen? Nun, das hab ich im alten Blog ja auch schon getan, und da ich jetzt, 2 Jahre später weiss, das dies die richtige Entscheidung war, möchte ich hier dem ganzen Thema auch einen besonderen Platz einräumen. Und daher schreib ich das ganze hier noch mal neu. 

Als ich damals noch zur Schule ging, war das Thema Legasthenie noch nicht wirklich bei uns an gekommen. Eine typische Aussage meiner Lehrer war; „Du bist nur zu faul um zu üben / lernen!“ Tja, das hat die nicht gekümmert das ich STUNDEN zu Hause sass und für das Diktat geübt hatte, mit meiner Mutter oder einer meiner Grosseltern. Und dennoch hatte ich einfach immer dermassen viele Fehler das ich Noten hatte die zum davon laufen waren. Im Zeugnis hatte ich sogar mit Rot ständig Einträge bei Deutsch schriftlich (Orthografie oft 2) Das wäre in Deutschland ne 5. Keiner nahm mich ernst und glaubte mir. Auch beim lesen wars ne Katastrophe. Wenn ich vorlesen musste wäre ich am liebsten im Erdboden versunken und zu Hause musste mir auch keiner mehr mit Bücher ankommen. Das ging die ganze Schulzeit so. Man war ich froh als ich das ganze hinter mir hatte. 

Foto von Unseen Studio auf Unsplash

Tja, heisst also, Therapie und Förderung ging an mir vorbei. Ich wurde die ganzen Jahre nur fertig gemacht und kritisiert und hab mir lange genug das lesen und schreiben vergällen lassen. Doch ich bin froh hab ich mich von meiner Mutter anstecken lassen. Mit 12 begann ich die Heftromane des Geisterjägers John Sinclair zu lesen. Die hab ich verschlungen weil’s einfach schnell gelesen war, es war Spannung und so fand ich dann doch noch freude am lesen. Mit 15 hab ich dann mein erstes Buch gelesen, ein Sachbuch. Und seit da lese ich gerne und viel. Gut, in der Zeit wo meine Kinder klein waren lag das lesen etwas brach aber ich hab die Bücher lieben gelernt und das lesen wurde zu einer Leidenschaft. 

Das viele lesen hatte natürlich einen positiven Nebeneffekt und zwar der, das ich nicht mehr ganz so viele Schreibfehler mache. Und dank der Rechtschreibkorrektur noch mal etwas weniger, auch wenn die mir nicht immer weiter hilft. Denn, egal wie viel mal ich den Text durch lese, egal ob es mir anzeigt wird das da ein Fehler existiert, ich sehe es einfach nicht! Da glotz ich dann auf das Wort und denk mir… wo bitte ist hier der Fehler! Manchmal ist es auch so das ich einfach nicht weiss wie man das Wort nun schreibt, egal wie oft ich das Wort schon gelesen oder selber geschrieben habe. Ich weiss es einfach nicht. Ich kann mir das einfach nie merken. 

Ich sprach auch nie gross mit anderen darüber, auch später nicht. Ich war so gehemmt das ich auch meinen Kids nie vorgelesen habe als sie klein waren. Ich hab mich auch da noch sehr geschämt, auch heute vermeide ich es vorzulesen. Ich weiss also ganz genau was das anrichten kann und hoffe doch sehr das es heute etwas besser ist. Auch wenn es immer noch Lehrer gibt die damit nicht wirklich umgehen können. Da spreche ich leider auch aus Erfahrung weil mein Sohn davon auch betroffen ist. 

Als die Kids dann grösser wurden und ich immer mehr Zeit für mich hatte, stiegt natürlich auch mein Lese-Pensum wieder in die Höhe und ich wollte auch darüber schreiben. Und so eröffnete ich dann Der Bücherwahnsinn. Er ist schuld das ich mich durchgerungen habe darüber zu schreiben, offen dafür hin zu stehen und zu sagen… 

Ja… Ich bin Legasthenikerin! 

Als ich dann also über Bücher bloggte, über Autoren und so weiter, dauerte es auch nicht lange, da trudelten die ersten Kommentare rein, die auch nicht sehr freundlich waren. Da stellte ich mir bald mal die folgenden Fragen… Soll ich mir jetzt die Freude am schreiben, nehmen lassen? Nur weil ich da meine Probleme habe? Soll ich das Blog wirklich einstampfen nur weil es einige Leute gibt die sich keinen Deut drum scheren ob dahinter vielleicht jemand steckt der da eben dieses Problem hat? Nein, ich denke nicht. Solange man doch lesen und verstehen kann was gemeint ist, ist das doch kein Problem… oder doch? Und sind wie ehrlich, sooooo viel Fehler sind es jetzt auch nicht das man schon fast Kryptologe sein muss. Ich finde es sagt mehr über den anderen aus, der mir Mails mit folgenden Kommentaren schicken, als über mich… 

  • Verschon uns mit deiner Rechtschreibvergewaltigung 
  • Lern erst mal richtig Deutsch bevor du dich an ein Bücher- Literaturblog wagst 
  • Geh dich schämen 
  • Bist du eigentlich auch mal zur Schule gegangen? 
  • Bist du schon so dumm geboren? 

und so weiter. 

Und so hab ich mich dazu entschieden nach Aussen zu gehen mit meinem „Problem“. Un d darum mach ich das jetzt wieder, weil ich danach tolle Reaktionen bekommen habe und ich es auch jetzt noch ein wichtiges Thema finde.

Also ihr lieben…. bitte verschont mich auch in Zukunft mit solche Kommentaren und Mails. Solltet ihr mir wirklich helfen wollen, gerne, dann schreibt mir dass, aber bitte anständig. Ich find es einfach nur verleztend so was im Posteingang lesen zu müssen. Ich bin sicher auch ihr habt eure Defizite. 

Ehrlich, auch heute habe ich nichts dagegen wenn mir jemand aufzeigt wo ich einen Fehler habe, aber es kommt halt immer drauf an wie man das macht. Doch es tat sehr weh das man mich nicht nur korrigiert hat sondern auch beleidigt und beschimpft hat. 

So, das war mal das Thema schreiben. Dann kommt aber noch das lesen. Tja, in der Schule wars das selbe wie beim schreiben, ich sei zu dumm, ich hätte nicht geübt und so weiter. Was natürlich nur bedingt stimmte, sicher hab ich nicht mehr gerne gelesen, wenn man nur ausgelacht und fertig gemacht wird. Da sollte man einen Text vorlesen, hat aber schon Schwierigkeiten anzufangen. Mal bleibt oft hängen, weil man das Wort irgendwie nicht versteht oder eben man liest laaaangsam weil man Buchstabe für Buchstabe lesen muss um das Wort zu erkennen. Manchmal muss ich ein Wort 3, 4 oder gar 5 mal lesen und beginnen, einfach weil’s nicht in den Kopf rein will. Texte überfliegen? Geht nicht… nie und nimmer. Wenn ich seh wie schnell meine Tochter oder mein Mann lesen können und konnten, kann ich schon etwas neidisch werden. Wobei, da hätte ich ja noch eine viel höhere finanzielle Belastung durch den Kauf von Büchern *lach* Also hat das auch was gutes. Und vorlesen… ne, das trau ich mich auch heute noch nicht, nicht mal den Kindern. Hab ich euch ja oben schon gesagt. 

Also, wenn ich 50 Bücher lese pro Jahr, dann ist das gleich viel wie wenn jemand anderes 100 Bücher oder mehr verdrückt. Ich schaff es nie ein Buch an einem Tag zu killen. Wenn ich wirklich mal den ganzen Tag nur Zeit für mich habe, bin ich froh wenn ich so 150 max. 200 Seiten schaffe. Und doch, ich lese mehr als je zuvor. Hier geht es eben auch darum das zum langsam lesen auch die Konzentration leidet, denn mehr als ein oder 2 Stunde am Stück kann ich nicht drann bleiben, da muss ich ne pause machen, denn es ist sehr anstrengend für mich. 

Wer sich über Komma-, Rechtschreibfehler oder anderes aufregt, der braucht sich hier nicht rum tummeln. Der darf mein Blog gerne meiden. Und wem es soweit egal ist, schön, ihr dürft alle Fehler behalten, das werden sicher nicht die letzten sein und ich hoffe der ein oder andere denkt das nächste mal etwas drüber nach, wie er sich verhält wenn er den anderen kritisiert. Denn sind wir mal ehrlich, wenn jemand so viel liest wie ich, der kann ja das gar nicht extra machen oder zu faul sein um sich mühe zu geben. Oder doch? Ich frag mich einfach warum manch einer zum Teil so extrem darauf reagieren? Was wird da getriggert? Wir sind nicht minderbemittelt, schliesslich gibt’s auch bekannte Leute die damit ihre Schwierigkeiten haben, Goethe zum Beispiel war auch Legastheniker oder Agatha Christie! Aber auch Hans Christian Andersen, Albert Einstein, Hemingway oder Orlando Bloom. Und viele mehr.  Hätten sie alle aufhören sollen zu schreiben? Oder sich sonst verkriechen sollen? Wohl kaum. 

Mir geben Bücher viel, dir auch? Du bist wie ich und hast eine Leser-Rechtschreibschwäche? Na und!? Lass es dir nicht madig machen. Weder von den Lehren noch von anderen die dich nur blöd kritisieren ohne die Problematik zu kennen. Ich bin wirklich froh hab ich mir das lesen nicht vermiesen lassen, manchmal ist es zwar etwas entmutigend wenn man schneller voran kommen möchte aber einfach nicht schneller lesen kann. Es hilft nämlich wirklich nicht, denn man kommt noch mehr ins stocken als man es eh schon tu. Das lesen gibt einem echt sehr viel, und ich hoffe dass ich anderen  Betroffenen echt Mut machen kann. Lest für euch, ihr müsst ja nicht gleich zum Vorleser werden, aber für euch werden sich so wirklich Welten auf tun und euch eine schöne Zeit bescheren. 

Klar, ihr müsst nicht gleich wie ich mit bloggen beginnen, das kostet wirklich noch mal etwas mehr Überwindung und manchmal wirklich eine dicke Haut, die ich auch nicht immer habe. Aber dank der Rechtscshreibprüfung kann ich doch so einiges an Fehlern abfangen, alle aber auch damit nicht. Früher hab ich mich geschämt, heute nicht mehr, denn ich weiss, ich bin nicht dumm. Ich weiss, ich bin nicht ungebildet, ich habe einfach eine Schwäche die sich LRS nennt. Und ich glaube das sollte weder mich, noch andere davon abhalten Bücher zu lesen, darüber zu reden noch zu schreiben!! Oder kann jeder Musik machen oder Singen der meint darüber schreiben oder diskutieren zu müssen? Ich glaube nicht. 

Also ihr lieben… Ich steh dazu das ich eine Lese-Rechtschreibschwäche habe, und wem ich zu viele Fehler auf meinem Blog produziere, der darf gerne dieses meiden und auf einem anderen verweilen. Ich bin stolz das ich trotz dieses Problem die Freude am Lesen und am schreiben gefunden und behalten konnte und ich mich dennoch traue öffentlich über meine Leidenschaft und meine Gedanken zu schreiben. 

Und zum Schluss 😉 

Ich halte mir diese Art Postulate nach Möglichkeit einfach vom Halse und mache, genau besehen, immer noch genug Schnitzer. Was aber die Kommas betrifft, so beruhige ich mein Gewissen immer mit einem Satz des alten Wieland, der besagt, Religion und Interpunktion seien Privatsache. 

 Johann Wolfgang Goethe

Mir, der ich selten selbst geschrieben, was ich zum Druck beförderte, und, weil ich diktierte, mich dazu verschiedener Hände bedienen mußte, war die konsequente Rechtschreibung immer ziemlich gleichgültig. Wie dieses oder jenes Wort geschrieben wird, darauf kommt es doch eigentlich nicht an; sondern darauf, daß die Leser verstehen, was man damit sagen wollte! Und das haben die lieben Deutschen bei mir doch manchmal getan.

 Johann Wolfgang Goethe

Mit diesen Worten möchte ich hier Enden. Und hoffe euch ein bisschen offener der Thematik gegenüber gemacht zu haben. Danke das ihr trotz der vielen oder auch manchmal etwas wenigen Fehlern hier mit lest und es freut mich natürlich wenn trotzdem meine Fan-Gemeinde weiter wächst.  

 Liebe Grüsse und viel Mut Alexandra

2 Gedanken zu „Ich & Legasthenie“

  1. Liebe Alexandra,

    wow! Was für ein starker Artikel! Danke für deinen so mutigen und offenen Umgang mit einem so schwierigen Thema. Ich gebe zu, ich hatte sogar ein paar Tränchen in den Augen.

    Ich bin froh, dass du weiter schreibst und ich habe direkt Lust, ebenfalls einen Artikel über das Thema zu schreiben, um die Menschen da draußen zu sensibilisieren, aufzuklären und zu ermutigen, deinem starken Beispiel zu folgen. Dein Sohn kann stolz sein auf seine Mutter.

    Ich freue mich so, dass du dich von den fiesen Kommentaren nicht abschrecken lassen hast und weiter bloggst, sodass ich deinen Blog entdecken konnte. Danke dafür!

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    1. Liebe Doreen,

      oh, danke dir für das Kompliment 🤗 Oh, zu Tränen wollte ich dich jetzt nicht rühren, alles gut. Aber schön das ich dich berühren konnte.

      Hey, dann mach das doch auch! Ich finde es schön wenn ich mit meinem Artikel andere inspiriere sich mit dem Thema auseinander zu setzen, sei das als Betroffener oder eben jemand der sich einfach jetzt Gedanken zum Thema macht, die er oder sie sich bis jetzt nicht gemacht hat.

      Danke, ich bin auch froh hab ich es mir nicht vergällen lassen, auch wenn es zwischenzeitlich echt hart war und sehr herausfordernd. Schön bist du hier und möchtest auch bleiben.

      Liebe Grüsse und danke noch mal für deine lieben Worte.

      Alexandra

      PS: Ich werd diese Woche noch mal einen Beitrag zum Thema schreiben wo ich drauf ein gehe was genau denn LRS ist. Vielleicht magst dann ja auch noch mal rein gucken.

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