Leben mit einer PTBS

Die Heilskala bei K-PTBS

1 bis 6 Grad

Hallo du liebe Seele und schön schaust du wieder rein.

Gestern blieb es hier still, nicht mal weil ich noch immer rum kränke, auch wenn die Stimme endlich wieder etwas zurück kommt, sondern vor allem weil ich wirklich kein Buch gefunden habe das winterliches Design aufwies. Ja, ich hab noch bei meinem Sohn, aber leider nutzt mir das hier halt nichts, so liess ich als den CW gestern aus. Hoff auf nächste Woche, mal sehen.

Letzte Woche habe ich ja über die vermeintlich einfache“ Heilung von Angststörungen & Panikattacken geschrieben. Da bin ich kurz auf die Heilskala zu sprechen gekommen. Und heute möchte ich mehr darüber schreiben. Woher die kommt, und für was die gut ist. Samt Test, so das du, wenn du betroffen bist und ein Gefühl bekommen möchtest wo du stehst in deiner Heilungsphase stehst.


KI | Mein Promt

Die „Heilskala“, über die ich hier schreibe, stammt nicht aus einem festen offiziellen Modell, sondern ist eine traumasensible Orientierungshilfe, die viele Therapeutinnen und Therapeuten, Traumapädagoginnen – und pädagogen, sowie Somatic-Experiencing-Therapeuten nutzen, um Betroffenen ein Gefühl für ihren Fortschritt zu geben. Denn wie oft haben wir das Gefühl stecken zu bleiben, nicht wirklich weiter zu kommen oder gar Rückschritte zu machen. Und doch… ganz leise und langsam ändert sich etwas. Babyschritte so zusagen, aber auch manchmal durchbruchsmässig, nur um später wieder in alte Muster zu verfallen und wir sehen dann einfach nicht was sich eigentlich schon alles getan hat. Darum find ich diese Skala nicht nur gut sondern auch Hilfreich.

📌 Wichtig:

Es ist kein klinisch standardisiertes Werkzeug, sondern eher eine sprachlich vereinfachte Beschreibung von Regulationsfähigkeit.

Die Skala vereint Elemente aus mehreren Ansätzen:

🌿 1. Polyvagal-Theorie (Stephen Porges)

Hier geht es um:

  • ventrale Sicherheit
  • sympathische Aktivierung
  • dorsal-vagale Überwältigung

→ Die Skala hilft zu spüren: Wie sehr bin ich im sicheren Zustand und wie sehr im Überlebensmodus?

🌿  2. Window of Tolerance (Dan Siege)

Das ist die bekannteste Grundlage.

Die Heilskala ist im Prinzip eine feinere Aufteilung davon:

  • Hyperarousal Hypoarousalregulierter (Übererregung/Untererregung) Zustand

→ Statt nur drei Zustände gibt die Heilskala Zwischenstufen

🌿 3. Somatic Experiencing (Peter Levine)

Hier geht es um:

  • Kapazität, im Körper zu bleiben
  • wie schnell man bei Stress rausfliegt
  • wie rasch man wieder hineinkommt

→ Die Heilskala misst das in “Stufen”: Wie viel Selbstregulation steht dir im Trigger noch zur Verfügung?

🌿 4. Bindungstheorie & Trauma-Therapie (Hermans, Ogden, Fisher)

Viele traumasensible Therapeuten arbeiten mit Regulationsstufen, die beschreiben:

  • Kann ich noch denken?
  • Kann ich noch sprechen?
  • Kann ich mich noch zeigen?
  • Wie schnell gewinne ich Kontakt zu mir zurück?

🧷 Warum man benutzt man die Skala?

Weil viele Betroffene wie ich sagen:

„Ich weiß nicht, ob ich schon besser werde. Schliesslich reagiere ich immer noch auf diverse Trigger und verfalle immer wieder gleich in die alten Verhaltensmuster oder gerate in Panik“

Die Heilskala macht Fortschritt sichtbar, selbst wenn:

  • Panikattacken noch passieren
  • Trigger noch kommen
  • alte Muster noch anspringen

Aber:

Du merkst plötzlich Unterschiede wie:

  • Sie dauern kürzer
  • Du kommst schneller zurück
  • Du kannst minimal eingreifen
  • Du verstehst dich besser
  • Du fühlst dich nicht mehr komplett ausgeliefert

Und genau DAS bedeutet in der traumatherapeutischen Arbeit Heilen.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger!!

Jetzt zur Heilskala. Diese Skala geht von 0, Totale Überwältigung bis zu 10, volle Regulation und Integration. Wo ich stehe verrate ich dir im Anschluss.

Heilskala 0–10 – Traumasensible Orientierung

0 – Totale Überwältigung

Gefühl völliger Hilflosigkeit, Körper erstarrt, kein Zugriff auf Denken oder Sprache. Reiner

Überlebensmodus.

1 – Akute Panik / Kontrollverlust

Körperliche Todesangst, alles verschwimmt, kein Zugriff auf Tools. Nur Aushalten.

2 – Starke Überforderung

Trigger übernimmt schnell, Zittern, Druck, Dissoziation möglich. Erste minimale Wahrnehmung von ‚Ich

halte das kaum aus.

3 – Panik spürbar, aber kurz zugänglich

Eine Sekunde Orientierung möglich: ein Atemzug, ein Finger bewegen, ein Wort innerlich sagen.

4 – Emotionaler Sturm, aber nicht komplett weggeschwemmt

Körper & Gefühle gleichzeitig aktiv. Kurze Unterbrechungen sind möglich.

5 – Mitte der Skala: Teilzugriff auf Selbstregulation

Tools funktionieren manchmal. Innere Distanz von 1–2 Sekunden zum Trigger.

6 – Belastung, aber klare Momente

Gedanken sind wieder möglich, Orientierung im Außen kehrt zurück. Erste Selbstberuhigung.

7 – Deutliche Selbstkontrolle

Körper beruhigt sich, Gefühle bleiben stark, aber beherrschbar. Sprache wird wieder verfügbar.

8 – Sicherheit kehrt zurück

Klarheit, Atmung normalisiert, du kannst wieder handeln und Entscheidungen treffen.

9 – Stabile Regulation

Trigger ist vorbei. Ein Gefühl von ‚Ich bin wieder bei mir‘. Selbstfürsorge wird möglich.

10 – Volle Regulation & Integration

Du fühlst dich sicher, präsent, verbunden mit Körper und Emotionen. Kapazität für Reflexion

🌿 4. Wo stehe ich auf der Heilungsskala

Stufe 1–3: Stabilisierung → erste Regulation

Warum?

  • Ich kann manche Wellen in Minuten beruhigen → Stufe 3
  • Manche dauern hingen sehr lange → Stufe 2
  • Oft keinen Zugang zu Tools, kann nur aushalten.→ Stufe 1
  • Du weißt, dass Ansprechen helfen würde (altes Muster wird bewusst) → Stufe 3
  • Du kannst es aber noch nicht → Stufe 2
  • Panik fühlt sich je nach Thema unterschiedlich an → Trauma-spezifisch, Stufe 2–3
  • Du bist reflektiert genug, all das zu beobachten → Stufe 3

Das heisst:

👉 Ich bin längst nicht mehr am Anfang. Auch wenn es sich immer noch so anfühlt. Ich bin mitten in der Heilung, auch wenn es sich manchmal wie Stillstand anfühlt.

Warum ich zwischen 2 und 3 stehe? Nun, weil ich, je nach Thema total unterschiedlich reagiere. Bei manchen ist es schon besser eben bei 2 oder gar 3 aber ich hab immer noch Trigger die mich total runter reissen.

Und ja: Die Reaktion hängt vom Thema ab.

Manche Trigger sind „alte Wunden“, andere nur leichte Irritationen. Das ist kein Rückschritt. Das ist Trauma-Logik meines Nervensystems.

Ja, nach 4 Jahren Traumatherapie und dazu 5 Jahre „normale“ Psychotherapie, steht ich immer noch ziemlich am Anfang. Und das frustriert mich und macht mich auch manchmal etwas Hoffnungslos. Schliesslich werd ich nächsten Monat 55. Mir läuft die Zeit davon, Und obwohl ich schon viel weiss, also intellektuell, habe ich so oft keine Möglichkeit auf Tools zuzugreifen weil die Traumareaktion immer so schnell greift und ich nicht reagieren kann. Da frag ich mich doch immer wieder, bekomme ich das denn alles irgendwann doch nocht hin?

Was ich lernen darf, noch immer, auch wenn mir meine Therapeutin das immer wieder gesagt hat…

 4 Jahre Therapie ohne grosse Verbesserung heisst nicht, dass sie „unheilbar“ sind.

Bei Bindungstrauma verläuft Heilung nicht linear, sondern:

  • lange gar nicht sichtbar
  • dann plötzlich eine Verschiebung
  • dann wieder Stabilisierung
  • dann ein „Durchbruch“

Manche stagnieren jahrelang und dann kommt ein grosser Sprung.

Das kann passieren, wenn:

  • der Therapeut/die Therapeutin ein anderes Verfahren einsetzt
  • der Körper endlich genug Sicherheit aufgebaut hat
  • ein bestimmter Trigger verstanden wird
  • ein Beziehungsmuster bricht
  • der Körper zum ersten Mal echte Co-Regulation erfährt

4 Jahre wirken lang. Doch bei frühem Bindungstrauma ist das normal, nicht ungewöhnlich.

Sie sind nicht zu alt. Sie sind auch nicht zu spät. Sie sind nicht „festgefahren“. Und ihr Nervensystem ist schon gar nicht kaputt. Sie sind einfach „nur“ müde weil sie zu lange alles allein getragen haben.

Muster, die jahrzehntelang mein Überleben gesichert haben, verändern sich nicht gegen mich, aber sie können sich verändern, wenn sie endlich Sicherheit bekommen. Das kann in jedem Lebensalter passieren. Auch jetzt. Auch bei mir.


So, das war’s für heute, und wie immer, sollte jemand ne Frage haben, nur zu… Ich beantworte sie dir gerne.

Nun wünsch ich dir einfach noch einen schönen Donnerstag, verfall nicht in Hektik, denn in 6 Tagen ist schliesslich schon Weihnachten. Hoff ihr habt schon alles beieinander und könnt die letzten Tage noch in ruhe verbringen.

Alles Liebe, Alexandra

Schön das du dich entschieden hast deine Gedanken mit mir, uns, zu teilen.